Rechtsprechung

Auf dieser Seite finden Sie relevante Rechtsprechung der deutschen Finanzgerichte, des Bundesfinanzhofs sowie weiterer Gerichte

Der Finanzrechtsweg

Unstimmigkeiten zwischen Steuerpflichtigen und dem Finanzamt werden regelmäßig über das Einspruchsverfahren als außergerichtlichen Rechtsbehelf geklärt. Dieses ist, abgesehen von der Untätigkeitsklage oder der Sprungklage, notwendiges Vorverfahren für eine Klage vor dem Finanzgericht und damit eine der vielfältigen Klagevoraussetzungen.

Sofern nach Entscheidung des Finanzgerichts weiterhin keine Einigung der Parteien erzielt wurde oder sonstige Gründe vorliegen, ist ggf. der Weg zum Bundesfinanzhof (BFH) eröffnet. Der BFH ist einer der fünf obersten Gerichtshöfe in Deutschland mit Sitz in München. Während die Finanzgerichte Tatsacheninstanzen sind, ist der BFH eine reine Rechtsinstanz. Eine Revision zum BFH ist nur möglich, sofern diese zugelassen wurde bzw. nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde. Urteile des BFH binden im ersten Schritt nur die Beteiligten. Nach Veröffentlichung von Urteilen im Bundessteuerblatt 2 durch das BMF wird die Finanzverwaltung jedoch angewiesen, die Grundsätze der Entscheidung auch auf ähnlich gelagerte Fälle anzuwenden. Somit besteht einerseits einigermaßen Rechtssicherheit für andere Steuerpflichtige, die sich einem ähnlichen Sachverhalt konfrontiert sehen. Andererseits wird auch hierin die Gewaltenteilung deutlich.

Der Finanzrechtsweg ist damit geprägt vom zweistufigen Instanzenzug. Im Vergleich zur ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie zur Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit wird also die Berufungsinstanz ausgelassen. Das Bundesverfassungsgericht nimmt eine gewisse Sonderrolle ein durch die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde, auch nach Entscheidungen einer der obersten Gerichtshöfe.

Zudem besteht im Finanzrechtsweg die Möglichkeit bzw. Verpflichtung, den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzurufen, wenn es um die Auslegung oder Gültigkeit europarechtlicher Vorschriften geht.

Einkommensteuer

Vorrang des Mietspiegels zur Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete

Nach Urteil des BFH v. 22.02.21 (IX R 7/20) ist die ortsübliche Marktmiete i.S.d. § 21 Abs. 2 EStG vorrangig anhand des Mietspiegels zu bestimmen. Dazu kann ein einfacher oder qualifizierter Mietspiegel gem. §§ 558c ff. BGB herangezogen werden sowie jeder Wert innerhalb der gegebenen Bandbreite verwendet werden. In Sonderfällen bleibt die Möglichkeit des Nachweises durch einen Sachverständigen, eine Mietdatenbank oder durch mind. drei vergleichbare Objekte.

Ermittlung des Betrags der Doppelbesteuerung von Renteneinkünften

Mit Urteil v. 19.05.21 (X R 33/19) entschied der BFH über die Ermittlung des Betrags einer möglichen Doppelbesteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen. Nachdem die abstrakte Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung seit 2005 bereits zuvor festgestellt wurde, gibt der BFH nunmehr vor, in welchen Szenarien eine konkrete Verfassungswidrigkeit vorliegt. Die Nachweis-/Feststellungslast liegt beim Steuerpflichtigen, der zur Prüfung einer evtl. Doppelbesteuerung seine Erwerbsbiographie einzureichen hat. Sodann prüft das Finanzamt, ob die Summe der voraussichtlich steuerfreien Rentenzuflüsse kleiner ist als die Summe der aus zu versteuerndem Einkommen geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen – also jene, die nicht dem Sonderausgabenabzug unterlagen.

Privates Veräußerungsgeschäft nach Trennung

Nach § 23 EStG unterliegt die Veräußerung von Immobilien ggf. der Einkommensteuer, wenn diese innerhalb einer Haltefrist veräußert werden. Ausnahmen existieren beim Familienheim. Mit seinem Urteil v. 14.02.2023 (IX R 11/21) hat der BFH nun für den Fall eines trennungsbedingten Auszugs eines Ehepartners entschieden, dass eine entgeltliche Übertragung an den Ehegatten vor dem Hintergrund einer bevorstehenden Zwangsvollstreckung eben einer solchen Versteuerung unterliegen kann. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken (Familienheim) liegt demnach nicht mehr vor, wenn nach Scheidung der geschiedenen Ehepartner und gemeinsame Kinder dort weiterhin wohnen.

Besteuerung von Kryptowährungen

Der BFH hat mit seiner Entscheidung vom 14.02.23 (IX R 3/22) erstmals zur Besteuerung von Kryptowährungen geurteilt. Insbesondere ging es um die Frage, ob „andere Wirtschaftsgüter“ vorliegen und ob der Tausch von verschiedenen Kryptowährungen Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge darstellen. Beide Fragestellungen wurden letztlich bejaht, im Konkreten mit Hinblick auf BTC, ETH und XMR. Somit wurde auch bestätigt, dass ein steuerfreies privates Veräußerungsgeschäft nach der einjährigen Behaltensfrist möglich ist. Das BMF ist dem Verfahren beigetreten und stellt die Sicht der Finanzverwaltung im Übrigen in einem umfassenden Schreiben dar. In einem 2024 neu gefassten Schreiben nimmt das BMF nun auch zu den Mitwirkungspflichten gesondert Stellung.

Kostenbeteiligung i.R.d. doppelten Haushaltsführung

Mit seinem Urteil v. 12.01.2023 (VI R 39/19) stellte der BFH klar, dass auch eine Einmalzahlung zum Jahresende an die Eltern als angemessene Kostenbeteiligung ausreichend sein kann. Im Streitjahr 2015 handelte es sich hier um eine Beteiligung an den Nebenkosten, Telekommunikation, Erhaltungsaufwendungen sowie Lebensmitteleinkäufen. Zudem müsse für die Anerkennung keine festgelegte finanzielle Grenze überschritten werden. Entscheidend ist eine Beteiligung an den Kosten für den Wohnraum sowie der Haushaltsführung. Damit handelt es sich um eine Einzelfallbetrachtung. In jedem Fall sollte die 10% Bagatellgrenze überschritten werden und ggf. ein gemeinsames Haushaltskonto geführt werden.

Haushaltsnahe Dienstleistungen bei Mietern​

Am 20.4.2023 hat der BFH gleich in zwei Urteilen zum §35a EStG entschieden. Das Urteil VI R 24/20 hat dabei unmittelbare Relevanz für die Einkommensteuererklärung von Privatpersonen. Denn nun wurde höchstrichterlich geklärt, dass ein Abzug von haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen auch bei Personen infrage kommt, die die Verträge mit dem Leistenden nicht direkt abgeschlossen haben (klassischerweise Mieter) und zum anderen auch geklärt, wie der Nachweis erfolgen kann – z.B. Nebenkostenabrechnung, Hausgeldabrechnung oder einer dem dort genannten BMF-Muster entsprechenden Bescheinigung. Auch wenn dies bereits zuvor gängige Praxis war, existiert nun Rechtssicherheit.

Kindergeldanspruch im Rahmen eines Auslandsstudiums

Der BFH bestätigte seine gängige Rechtsprechung zum Kindergeld mit Urteil v. 21.06.2023 (III R 11/21) insofern, dass ein Inlandswohnsitz in der elterlichen Wohnung nur dann weiterhin besteht, wenn das Kind diesen zu mehr als der Hälfte der ausbildungsfreien Zeit nutzt. Weiterhin widmete er sich der Frage zur konkreten Berechnung dieses Verhältnisses. Von besonderem Interesse ist dies bei längeren Auslandsaufenthalten im außereuropäischen Ausland, bspw. im Rahmen eines schulischen oder berufsausbildenden Auslandsaufenthalts oder aber im Fall eines Auslandsstudiums wie im konkreten Fall.

Wertgutachten zum Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer

Der BFH stellte bereits in seiner Entscheidung vom 28.07.2021 (IX R 25/19) klar, dass sich der Steuerpflichtige zur Darlegung einer verkürzten tatsächlichen Nutzungsdauer eines zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäudes entspr. § 7 Abs. 4 S. 2 EStG grds. jeder Darlegungsmethode bedienen kann. Das FG Münster knüpft hieran in seinem Urteil vom 14.02.2023 an, indem es ein Wertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nach der ImmoWertV im bestimmten Einzelfall für ausreichend anerkannt. Wie auch vor dem BFH kam es nicht auf ein Bausubstanzgutachten an.

Kommerzialisierbarer Teil des Namensrechts als Wirtschaftsgut

Mit Urteil des BFH v. 12.06.2019 (X R 20/17) wurde zum kommerzialisierbaren Teil des Namensrechts einer natürlichen Person entschieden. Dieser stellt unabhängig von seiner zivilrechtlichen endgültigen Übertragbarkeit demnach ein Wirtschaftsgut dar und ist damit einlagefähig sowie durch AfA zu mindern. Dies freut im ersten Schritt vermeintlich viele Influencer u.a. aufgrund der Berücksichtigung von Betriebsausgaben. Allerdings sollten zugleich die Problematiken der Bewertung, Entnahmebesteuerung, Wegzugsbesteuerung etc. Beachtung finden. Nicht zuletzt deshalb ist sich die Literatur und Praxis über die Eigenschaft als Wirtschaftsgut noch uneins.

Unterkunftskosten bei doppelter Haushaltsführung

Zu Unterhaltskosten i.R.d. doppelten Haushaltsführung nimmt das BMF in seinem Schreiben v. 25.11.2020 in den Rz. 106 ff. Stellung. Zur Begrenzung der Höhe der Aufwendungen bei einer Unterkunft im Ausland auf eine vergleichbare inländische Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte mit bis zu 60 qm Wohnfläche (Rz. 122, ebd.) entschied der BFH u.a. in seinem Urteil v. 09.08.2023 (VI R 20/21). Dieser Grenze wurde eine Absage erteilt mit Hinblick auf die grundsätzliche Einzelfallprüfung der notwendigen Kosten. Bei beamtenrechtlich zugewiesenen Dienstwohnungen ist jedoch stets ein Abzug in voller Höhe als Werbungskosten angebracht.

Keine ermäßigte Besteuerung einer Kapitalabfindung (Rente)

Nach Auffassung des FG Münster ist eine Kapitalabfindung/ Einmalzahlung einer Rente aus einer Direktversicherung nach dem BetrAVG nicht der ermäßigten Besteuerung zu unterwerfen, siehe

Liebhaberei bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Mit dem Urteil v. 20.06.2023 (IX R 17/21) bestätigt der BFH erneut seine Sichtweise, dass bei aufwendig gestalteten bzw. ausgestatteten Objekten, die der Vermietung dienen, nicht ohne Weiteres von der Liebhaberei abgesehen werden kann, wenn Verluste erzielt werden. Vielmehr müsse eine langfristige Überschussprognose positiv ausfallen. Im konkreten Fall ging es um Luxusimmobilien mit über 250 qm Wohnfläche, die Eltern an ihre Kinder vermieteten und aus denen Verluste resultierten, die diese sodann mit ihren positiven Einkünften verrechneten. 

Aufwendungen für Kleidung und Accessoires durch Influencer

Außergewöhnliche Belastungen bei Umbau einer Wohnung

Das FG Nürnberg entschied mit Urteil vom 6.9.2023 (3 K 988/21), dass ein vorausschauendes Handeln die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG nicht unmittelbar zulässt, wenn eine Wohnung behindertengerecht umgebaut wird. Im konkreten Fall fehlte es an der Zwangsläufigkeit, d.h. des tatsächlichen Ereignisses, welche diese Umbaumaßnahmen erforderlich machte, obwohl ein GdB von 60 und das Merkzeichen G vorlagen. Krankheitskosten sind dann zu berücksichtigen, wenn diese dem Zweck der Heilung dienen oder die Krankheit erträglicher machen. Auch kommt ein Abzug in Betracht, wenn die Kosten einen existenznotwendigen Wohnbedarf befriedigen.

Zweitwohnsitzsteuer bei der doppelten Haushaltsführung

Dem Urteil des BFH vom 13.12.2023 (VI R 30/21) folgend besteht nunmehr Rechtssicherheit hinsichtlich der Berücksichtigung der Zweitwohnsitzsteuer i.R.d. doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten. Der BFH beurteilt diese als Unterkunftskosten und damit als mit dem tatsächlichen Mietaufwand für die Wohnung am Tätigkeitsort verbunden. Dies muss allerdings nicht für Haushaltsartikel und Einrichtungsgegenstände gelten, deren Nutzung und Verbrauch nicht notwendigerweise im Zusammenhang mit der Nutzung der Unterkunft stehen.

Ertragsteuern und Internationales Steuerrecht

Abgrenzung zwischen Spende und vE bei gemein-nütziger Körperschaft

Eine gemeinnützige Körperschaft kann aus ihrem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eine steuerlich (begrenzt) abziehbare Spende i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG an ihre ebenfalls gemeinnützige Tochtergesellschaft leisten. Jedoch kann auch eine verdeckte Einlage (vE) vorliegen. Diese Abgrenzung hat das FG als Tatsacheninstanz i.R.e. Fremdvergleichs unter Würdigung aller Einzelfallumstände vorzunehmen. Eine vE ist gekennzeichnet durch eine Vermögenszuwendung (einlagefähiger Vermögensvorteil) aufgrund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen.

Ermittlung fremdüblicher Zinsen auf Konzerndarlehen

Mit den neuen Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise erteilte der Gesetzgeber 2021 dem Vorrang der Standardmethoden eine Abkehr (§ 1 Abs. 3 AStG). Aufgrund des Urteils v. 18.05.2021 (I R 4/17) ist die Preisvergleichsmethode lt. Ansicht des BFH aber vorrangig für die Ermittlung fremdüblicher Zinssätze zu verwenden.
Hinsichtlich der Bonität ist dabei ein sog. stand-alone-Rating durchzuführen, d.h. der Konzernrückhalt ist grds. nicht zu berücksichtigen. Dies kann jedoch abweichend gegeben sein, wenn entsprechend bindende Verpflichtungen vorliegen.

Fiktive Gewinnaufschläge bei der Gewinnermittlung von Betriebstätten

Sowohl das FG Nürnberg (Urteil v. 27.09.2022, 1 K 1595/20) als auch das FG München (Urteil v. 10.07.2023 – 7 K 1938/22) haben die Anwendung fiktiver Gewinnaufschläge bei der Gewinnermittlung einer Betriebstätte verneint, wenn keine schuldrechtlichen Beziehungen zum Stammhaus bestehen. Solche müssen als tatsächliche Handlungen mit ökonomischer Relevanz ausgestattet sein. Insbesondere stelle § 1 Abs. 5 AStG keine Einkünfteermittlungs-vorschrift, sondern eine Korrekturnorm dar.

Umsatzsteuer

Organschaftsstruktur der GmbH & Co. KG

In Bezug auf die Stellung der persönlich haftenden Komplementärin einer KG innerhalb der Organschaft hatte der BFH in 2022 zu entscheiden. Grundsätzlich erfordert die umsatzsteuerliche Organschaft eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung in das Unternehmen des Organträgers. Mit Urteil v. 01.02.22 (V R 23/21) entschied der BFH, dass keine finanzielle Eingliederung vorliegt, wenn nur die Gesellschafter der Personengesellschaft an der GmbH beteiligt sind, nicht aber die Personengesellschaft selbst. Weiterhin sind nicht unerhebliche Geschäftsbeziehungen zwischen diesen notwendig, damit auch eine wirtschaftliche Eingliederung angenommen werden kann.

Rechtsfolgen der deutschen USt Organschaft

Der EuGH hat am 01.12.22 in den Rechtssachen C-141/20 (Norddeutsche Diakonie) und C-269/20 (S/FA T) auf Vorlage des BFH hin entschieden, nachdem die langjährige deutsche Praxis der umsatzsteuerlichen Behandlung der Organschaft auf den Prüfstand geraten ist. Demnach ist es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, anstelle der gesamten Mehrwertsteuergruppe einen Steuerpflichtigen (in dem Fall der Organträger) zu bestimmen, sofern eine Durchsetzung des Willens möglich ist. Hinsichtlich der Frage, ob nur nicht steuerbare Innenumsätze innerhalb des Organkreises vorliegen, ist auf den Einzelfall abzustellen. 

Unternehmereigenschaft beim Internethandel

Als umsatzsteuerlicher Unternehmer gilt, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig, nachhaltig und mit Einnahmenerzielungsabsicht unternimmt. Im konkreten Fall wurden in mehreren hundert Auktionen über ebay Gegenstände veräußert, die aus Haushaltsauflösungen erworben wurden. Dies geschah über mehrere Jahre hinweg. Der BFH entschied mit Urteil v. 12.05.22 (V R 19/20) positiv zur Unternehmereigenschaft im konkreten Fall. Dabei ist auf die Urteile des BFH aus 2012 und 2015 zu verweisen hinsichtlich der bisherigen Entscheidungspraxis zum Online-Auktionshandel.

Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen

Das Thema Betriebsveranstaltungen spielt insbesondere i.R.d. Lohnsteuer-Außenprüfung oftmals eine bedeutsame Rolle. Doch auch für umsatzsteuerliche Zwecke sollte einiges beachtet werden, wie das Urteil des BFH v. 10.05.2023 (V R 16/21) zeigt. Im entschiedenen Fall ging es um den Vorsteueranzug einer Weihnachtsfeier. Für den Vorsteuerabzug muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang des Eingangs- zum Ausgangsumsatz bestehen. Dies ist nicht der Fall, wenn die Betriebsveranstaltung ausschließlich dem privaten Bedarf des Personals dient. Dies sei laut Rz. 25 der Fall, wenn die Veranstaltung lediglich dazu dient, das Betriebsklima zu fördern.

Anwendung der Differenzbesteuerung beim Upcycling

Gemäß Schleswig-Holsteinischem FG ist die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG auch dann anwendbar, wenn ein Unternehmer antike Waschkommoden aus privater Hand ankauft, sie restauriert und zusammen mit einem individuell angepassten Waschbeckenaufsatzteil nebst Armatur wiederverkauft. Im konkreten Fall wurde der Altgegenstand aufgearbeitet sowie um ein Neuteil ergänzt. Dabei sei entsprechend dem Normzweck, Wettbewerbsverzerrungen und Doppelbesteuerungen bei der Wiedereinführung in den Wirtschaftskreislauf zu vermeiden, eine zu enge Auslegung nicht sachgerecht. Die Revision beim BFH ist anhängig.

Uneinbringlichkeit von Forderungen i.R.d. Umsatzsteuer

Der EuGH hat mit Urteil vom 29.2.2024 (C -314/22) möglicherweise dem Steuerpflichtigen mehr Entscheidungsmacht hinsichtlich der Beurteilung der Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG gegeben. Wenn dieser mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen kann, dass Forderungen nicht oder teilweise nicht mehr eingehen werden und daher als uneinbringlich verbucht wurden, ohne dass es hierzu nationale Vorschriften gibt, kommt eine Änderung der Bemessungsgrundlage in Betracht. Damit muss nicht die Insolvenz oder Bestellung eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters bzw. die Verjährung abgewartet werden.

Nachweis der Unternehmereigenschaft Im Fall § 13b Abs. 5 UStG

Der BFH hat in seinem Urteil vom 31.01.2024 (V R 20/21) mit Hinblick auf den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG entschieden, dass die Verwendung einer gültigen USt-ID (siehe z.B. Bestätigungsverfahren nach § 18e UStG) keine notwendige Voraussetzung dafür ist, den Leistungsempfänger als Unternehmer anzusehen. Die Identifizierbarkeit sei ausreichend. Es muss sich um eine reale Person handeln, die die in § 2 UStG genannten Voraussetzungen erfüllt.

Verfahrensrecht

Keine Verfassungswidrigkeit des SolZ in 2020 und 2021

Der Solidaritätszuschlag (SolZ) ist eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer i.S.d. Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG und unterliegt damit besonderen Anforderungen. Mit Urteil v. 17.01.23 (IX R 15/20) hatte der BFH über die Verfassungsmäßigkeit des SolZ zu entscheiden, nachdem diese in Literatur und Praxis oft kritisch betrachtet wurde und wird. Laut Auffassung des neunten Senats liegt kein Verstoß gegen Art. 3 GG und keine verdeckte Reichensteuer vor, weil auch hier das Leistungsfähigkeitsprinzip gelte und der Gesetzgeber dargelegt habe, dass weiterhin ein Finanzbedarf aus der Wiedervereinigung bestünde. Dieser habe sich jedoch nach über 25 Jahren verringert.

Gebühr bei Rücknahme eines Antrags auf verbindliche Auskunft

Eine verbindliche Auskunft erfordert grds. nach § 89 Abs. 3 AO eine Gebühr. Diese wird i.d.R. nach dem Gegenstandswert bemessen. Ist dieser nicht bestimmbar und kann durch eine Schätzung nicht ermittelt werden, wird eine Zeitgebühr gem. § 89 Abs. 6 AO erhoben, sofern die Bearbeitungszeit mehr als 2 Std. beträgt. Mit dem Urteil v. 04.05.2022 (I R 46/18 ) wurde nunmehr entschieden, dass bei Rücknahme eines Antrags auf verbindliche Auskunft nicht automatisch eine Zeitgebühr anzunehmen ist. Nicht nur deshalb sollte der Antrag genau überlegt sein.

Keine Verfassungswidrigkeit von Säumniszuschlägen

Mit Urteil v. 15.12.2022 (VII R 55/20) bestätigte der BFH, dass selbst in Niedrigzinsphasen keine strukturellen Bedenken zur Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen nach § 240 Abs. 1 S. 1 AO bestehen. Insbesondere seien diese Druckmittel, um fällige Steuerforderungen durchzusetzen und damit mit der Verzinsung von Steuerforderungen bzw. Steuernachzahlungen nicht zu vergleichen. Insofern lassen sich die Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit der Verzinsung letzterer nicht unmittelbar auf Säumniszuschläge übertragen.

EuGH hält § 13c ErbStG a.F. (neu § 13d ErbStG) für unionswidrig

Mit Urteil vom 12.10.2023, C-670/21 hat der EuGH im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des FG Köln vom 02.09.2021 (7 K 1333/19) entschieden, dass der ehemalige § 13c ErbStG (nunmehr § 13d ErbStG) unionswidrig ist. Denn die unterschiedliche Behandlung (Steuerfreiheit von 10% für inländischen sowie in der EU/EWR belegenem Grundbesitz) von in der EU/EWR belegenem Grundbesitz zu im Drittland belegenem Grundbesitz, der der deutschen Erbschaftsteuer unterlegen kann, sei nicht durch eine Unvergleichbarkeit oder Gründe des Allgemeinwohls zu rechtfertigen. Damit stelle die Norm einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV) dar.

Keine Vorlagepflicht eines elektronischen Gesamtjournals

Der 2. Senat des FG Hamburg entschied am 23.03.2023 (2 K 172/19) in Bezug auf die Reichweite des Datenzugriffsrechts i.R.e. Außenprüfung, dass keine Pflicht zur Vorlage eines elektronischen Gesamtjournals, welches nach den Vorgaben der Finanzverwaltung Informationen zu jeder einzelnen empfangen bzw. versandten E-Mail des Steuerpflichtigen enthalten soll, besteht. Auch wenn nach § 147 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO i.V.m. § 257 HGB eine Aufzeichnung und Aufbewahrung für solche E-Mails besteht, die als Handelsbriefe gelten, bestehe insofern kein Vollzugriff auf sämtliche E-Mails des Steuerpflichtigen.

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